Vor einigen Tagen haben wir eine liebe Mail von einer Mama erhalten, die (wie sie selbst sagt) erst spät Mutter geworden ist. Darja – so heißt sie – schreibt auf ihrem wunderschönen Blog Paleo Mama über das Thema Kinderwunsch und Fruchtbarkeit. Und das macht sie auch mit einen ganz bewusstem Hintergrund, denn Darja ist promovierte Wissenschaftlerin, die sich auf Vitamine und Hormone spezialisiert hat. Darja ist selbst auch erst „spät“ Mutter geworden, denn beide Söhne kamen nach ihrem 35. Geburtstag zur Welt. Wobei „spät“ hier wieder im Auge des Betrachters liegt.
Wir denken, dass Darjas Beitrag ein guter Kontrast zu unserem täglichen „recht jungen Muttersein“ darstellt und freuen uns deshalb ganz besonders, dass sie für uns einen Artikel geschrieben hat – DANKE Darja.

 

paleo mama

 

 

Vor einigen Tagen hat eine alte Schulfreundin mir einen Witz per E-Mail geschickt. Es unterhalten sich zwei Kumpels. Der eine fragt:

  • Welche Frau würdest du lieber heiraten – eine Jüngere aus der Hauptstadt, oder eine Ältere vom Dorf?
  • Die Ältere vom Dorf, selbstverständlich!
  • Aber warum?
  • Weil die Jüngere aus der Hauptstadt schon 38 ist und die Ältere vom Dorf erst 22!

Ich selbst bin eine „jüngere“ Frau aus der Hauptstadt und bin mit meinen beiden Kinder erst nach dem 35. Lebensjahr schwanger geworden. Besser gesagt, ich habe sie bekommen, nachdem ich eine Doktorarbeit, viele Forschungsprojekte, und vierzehn Umzüge durch insgesamt sechs Länder schon hinter mir hatte. Es ging nicht anders. Obwohl meine professionelle Umwelt noch weitere Erwartungen in mich gesetzt hatte, beschloss ich irgendwann schweres Herzens, sie alle doch zu enttäuschen und mit meinem Ehemann endlich eine Familie zu gründen. Wie gut, dass es einen guten Ehemann gab. Laut Statistik, bleiben fast die Hälfte der Akademikerinnen aus meiner Bildungs- und Altersklasse kinderlos und aus eigener Erfahrung kann ich diese Zahlen nur bestätigen.

Als meine Mutter meine kleine Schwester zur Welt gebracht hat (und damit ihre Familienplanung abgeschlossen hatte), war sie erst 30 und trotzdem die älteste Gebärende auf der Entbindungsstation. In den Generationen unserer Großmütter und Urgroßmütter war es mit dem frühen Kinderkriegen nicht anders. Genauer gesagt, in der ganzen Geschichte der Menschheit – es handelt sich um etwa 5000 Generationen, seitdem unsere Ahnen Afrika verließen – war es immer so, dass die Frauen ihr erstes Kind zwischen dem 20. und 25. Lebensjahr bekommen haben.

Heute dagegen ist fast jede vierte Frau, die ein Kind bekommt, älter als 34 Jahre. Was ganz sinnvoll ist im Hinblick auf die Tatsache, dass viele 34-Jährige beruflich fest im Leben stehen und im finanziellem Sinne ihren Kindern eine sichere Kindheit bieten können, aber weniger sinnvoll im Hinblick auf die menschliche Evolution, die über Jahrmillionen an unserer Physiologie gefeilt hat.

Aber wo kann man die Grenze ziehen, wo fängt die späte Mutterschaft eigentlich an?

Laut Bundezentrale für gesundheitliche Aufklärung wird als »Spätgebärende« eine Frau bezeichnet, die ab einem Alter von 35 Jahren Mutter wird, ob mit erstem Kind oder erneut. Seit etwa 30 Jahren nimmt die späte Mutterschaft kontinuierlich zu und es konnte eine starke Verlagerung der Familiengründung ins mittlere Lebensalter beobachtet werden. Am Anfang der 1990er Jahre waren kaum 10% aller Frauen, die ein Kind bekamen, älter als 34 Jahre. Innerhalb von einem Jahrzehnt hat sich diese Zahl verdoppelt und stieg bis 2006 nochmals an auf fast ein Viertel aller Gebärenden. Frauen ab 35 gelten in der Gynäkologie sogar als Risikoschwangere. Obwohl ich selbst mit dieser Einstufung nicht einverstanden bin und es überhaupt nicht mag, wenn ganz natürliche Prozesse, die eine Schwangerschaft und Geburt begleiten, stark medikalisiert werden, der Fakt bleibt: spätestens ab 40 haben Frauen ein höheres Risiko für Schwangerschaftskomplikationen jeder Art.

Trotz steigendem Trend einer späten Mutterschaft gibt es heutzutage kaum Experten, die ein früheres Geburtsalter Frauen NICHT empfehlen würden. Diejenigen, die sich mit Embryologie, Eizellenqualität, oder unerfülltem Kinderwunsch beschäftigen, würden entschieden davon abraten, das erste Kind mit über 35 Jahren zu bekommen.

Aber was sagen die Mütter selbst?

Sie scheinen alle glücklich zu sein, ihre Kinder bekommen zu haben, ganz egal in welchem Alter. Ich treffe viele ältere Mamas, die ähnlich wie ich eine bewusste Entscheidung getroffen haben und Kinder gegen Karriere getauscht haben. Sie sehen ihre Kinder als eine große Bereicherung und sind meiner Erfahrung nach fröhlicher und großzügiger bei der Erziehung als junge Mütter.

Junge Mütter, die ich kenne, sind allerdings auch ganz zufrieden, das erste Kind in ihren 20ern (oder sogar früher) bekommen zu haben. Selbst wenn die Kinder ungeplant oder gar ungewollt in ihr Leben kamen, lobten die (damals) jungen Mütter trotzdem das Glück, erlebt haben zu dürfen, sich mit eigenen Kindern als Persönlichkeit weiterzuentwickeln; die Gelassenheit, den Kindern viele Freiheiten zu gewähren, weil ihnen selbst viele Gefahren noch nicht bewusst waren. Vor allem aber lobten sie die Möglichkeit, sich nach der Kleinkindphase der Karriere und anderen Dingen mit vollem Engagement widmen zu können und dann, wenn es karrieremäßig endlich gut lief, nicht wegen Elternzeit aussteigen zu müssen, wie die Frauen, die Kinder später bekamen.

paleo mama

Am aufschlussreichsten fand ich während der Recherchen für diesen Artikel die Aussagen der Frauen, die beide Erfahrungen gemacht haben. Wie meine Freundin Elena (Name geändert), die ihre erste Tochter in Russland mit 18 Jahren bekam. Die erste Ehe mit dem Vater des Kindes ging in die Brüche, sie war noch unerfahren, jung und wollte studieren…Die ganze Familie hat beim Großziehen des Kindes helfen müssen. Das war allerdings kein Problem: Omas und Opas auf beiden Seiten lebten und waren gesund und fit, so dass diese Lebensphase allen in lebhafter und schöner Erinnerung blieb. Die kleine Maya (Name ebenso geändert) hat sich zu einer tollen jungen Frau entwickelt, die mit beiden Beinen fest im Leben steht und oft mit einer Freundin der Mutter verwechselt wird. Elena lacht und sagt: wir haben uns alle einfach angepasst und jetzt merken wir, dass Mayas Präsenz in unserem Leben etwas Schönes und Sinnvolles war.

Elena ist heute 39, zum dritten Mal verheiratet und wünscht sich noch ein weiteres Kind. Sie ist im Leben gut angekommen: sie hat einen traumhaft bezahlten Job, reist um die Welt, sogar eine Doktorarbeit hat sie vor einigen Jahren gemacht. Jetzt würde sie gern eine Auszeit machen und einmal erleben, wie sich das anfühlt, entspannt mit dem Baby durch die Parks zu laufen und keine finanziellen Sorgen haben zu müssen. Leider klappt es mit dem Schwangerwerden nicht und sie sucht, ähnlich wie fast ein Drittel der Frauen in ihrem Alter, Hilfe bei den Kinderwunschspezialisten. Aber im Gegensatz zu den Frauen, die neben ihr im Wartezimmer sitzen und oft verzweifelt auf ihr erstes Kind hoffen, wird meine Freundin Elena manchmal von ihrer erwachsener Tochter auf dem Weg zur Kinderwunschpraxis begleitet (was zu viel Situationskomik in unserem Freundeskreis sorgt). Dabei merkt sie, dass ihr unerfüllter Kinderwunsch doch einen Hauch von einem Luxusproblem hat!

 

Wann seid ihr Mutter geworden und wie seht ihr das? Gibt es das perfekte Alter, um Mama zu werden? Welche Vorteile hat das junge Mutterwerden? Welche Vorteile gibt es beim Mutterwerden über 30?