Saskia von Am Herzen gelegen gewährt uns einen Einblick in ihr kleines Tagebuch über ihre geplante Hausgeburt mit ihrem 2. Kind, Tochter Anni. Ein wirklich toller Einblick in eine sehr entspannte und natürliche Entbindung!

Annikas Ankunft Zuhause

Montag, 10.3.
Der letzte Teil meiner Stillberater-Ausbildung liegt jetzt hinter mir, auch Schwiegervaters Geburtstag ist vorbei. Von mir aus darf Anni jetzt schlüpfen. Ich gönn mir über den Tag ein paar Tassen Chaitee, so schön mit Zimt und Nelken. Vielleicht bringt es ja was? Ab und an bemerke ich einen Anflug von Wehen, aber harmlos und in unregelmäßigen Abständen.

 

Dienstag, 11.3.
Chris (mein Mann) hofft, dass es bald los geht. Heute ist sein langer Tag und er hätte auch nix dagegen, wenn ich ihn nachher zurückpfeife. Ich schlürfe weiter meinen Tee und riskiere bei den Wehen schon mal einen Blick auf die Uhr. Mal 10 Minuten, manchmal kürzer aber manchmal auch länger… mh… Gegen Mittag löst sich ein Teil des Schleimpfropfes und ich mache mir ein paar Hoffnungen, dass die Übungswehen was bringen. Nachmittags gehen wir noch eine Runde mit Felix (unser erster Sohn) spazieren. Vielleicht kurbelt ja auch das die Wehen an? Die Abstände sind immer noch groß und nur ab und an zwiebelt es mal etwas mehr. Trotzdem überlege ich Gudrun(meine Hebamme) anzurufen, da wir für Mittwoch Morgen verabredet sind zur Vorsorge. Ich müsste aber allein mit dem Auto fahren und bin mir unsicher, ob das eine gute Idee wäre. Gegen 17 Uhr telefonieren wir und Gudrun schlägt vor, dass wir heute Abend um 18 Uhr nochmal schnell reinspringen für ein CTG und co.
Befund sieht auch ganz gut aus. Muttermund bei 2cm, GMH verstrichen, Herztöne sind top. Anni liegt mit dem Kopf auch schon richtig schön tief.
Gudrun sagt, es köööönnte heute Nacht noch was werden, köööönnte aber auch noch 1-2 Tage dauern, aber sie verabschiedet uns mit: „Geht heute mal früh ins Bett!“Machen wir auch. Ich schlafe ein bisschen, döse zwischendurch, atme bei den Wehen (die immer noch in ca 10 Minuten-Abständen kommen) schon mal bewusster mit, aber sonst ist alles ruhig.

 

Mittwoch, 12.3.
Gegen 3 Uhr spüre ich ein heftiges Knacken, auch etwas schmerzhaft und erwarte einen Schwall Fruchtwasser, der aber erstmal nicht kommt. Trotzdem sprinte ich zur Toilette, wo sich dann doch etwas Flüssigkeit und der Rest vom Schleimpfropf verabschieden. Ja doch, ich glaube jetzt wird’s doch ernst. Ich sitze auf dem Klo und überlege was ich machen soll. Handy hab ich griffbereit und schreibe Chris eine Whatsapp in der Hoffnung, dass er davon aufwacht. Fehlanzeige.
Also klemm ich mir eins von den Surfbrettern zwischen die Beine und watschel ins Schlafzimmer. Ich wecke Chris und instruiere wehenveratmend was zu tun ist. Gudrun anrufen, Kaffeekochen, Hausgeburtskiste aus dem Schlafzimmer holen. Chris macht noch Kerzen und Musik an.
Ich wander derweil schon mal auf den Boden im Wohnzimmer und muss die schnell heftiger werdenden Wehen im Vierfüßler oder in der Hocke veratmen. Anders als bei Felix damals, habe ich diesmal aber schöne Wehenpausen, in denen ich mich entspannen und Kraft tanken kann.
Ich hab schnell den Ball für mich entdeckt, hänge mich mit dem Oberkörper drauf und veratme/töne so bei den Wehen.
Gudrun kommt kurze Zeit nach dem Anruf (vll. halb 4?) hier an, kurz danach ist auch Anna da.

Beide halten sich sehr zurück, lassen mich machen. Ich glaube nur zweimal hört Gudrun nach einer Wehe in die Herztöne rein. Aber Anni macht sich prächtig.
Zwischendurch kriege ich Wasser gereicht. Habe total trockene Lippen.

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Die Wehen werden immer heftiger und langsam kommt schon der Pressdrang dazu.
Aber auch jetzt darf ich machen was mir gut tut ohne das an mir rumgefummelt oder sonst wie groß eingegriffen wird. Lediglich die Kaffeekompressen am Damm hält Gudrun dagegen und die tun verdammt gut. Anna (Hebammenschülerin) macht mit Christians Handy ein paar Fotos.
Irgendwann heißt es schon, dass Anni ganz viele Haare hat. Ich muss grinsen, denn auch Felix kam mit schönster Haarpracht zur Welt und Chris und ich haben vor kurzem noch drüber gesprochen, ob sie wohl auch so viele Haare haben wird.

Gudrun fragt, ob ich das Köpfchen mal fühlen will. Ich will schon, hab aber irgendwie keine Hand frei, da ich mich an Chris festhalten muss, der auf der anderen Seite vom Ball sitzt.
Mit einer heftigen Presswehe ist der Kopf dann da und Gudrun merkt nur an, dass das die letzte Chance wäre zum Fühlen, weil der Rest wohl bei der nächsten Wehe nachflutscht. Da muss ich mich dann doch losreißen, weil ich diesmal schon gerne fühlen wollte. Ich streichele Anni und begrüße sie. Dann ein ganz seltsames Gefühl: Obwohl ihr Köpfchen schon draußen ist, tritt sie mich von innen. Wahnsinn fühlt sich das komisch an. Gudrun meint, das wär super. Sie ist ein starkes Mädchen und hilft mit, stößt sich ab.
Dann kommt die letzte Wehe und tatsächlich Annika ist da und obwohl sie laut Termin 2 Tage zu früh dran war, hat sie gar keine Käseschmiere mehr.
4.54 Uhr… Nach nicht mal 2 Stunden liegt sie vor uns.
Sie schreit gar nicht, aber es ist sofort klar, dass sie fit ist und es ihr gut geht. Ich setze mich hin und nehme die Maus hoch. Ich finde sie wahnsinnig hübsch. Und gar nicht so zerknautscht wie ihr Bruder aussah, aber trotzdem sehen die beiden sich wahnsinnig ähnlich. Sie ist völlig entspannt, und als wir das Licht ein bisschen dämmen macht sie sogar gleich die Augen auf und guckt sich in der neuen Welt um.

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Wir entscheiden Felix jetzt zu wecken. Der hat tatsächlich alles verschlafen, obwohl wir nur einen Raum weiter waren.
Chris holt ihn damit er seine Schwester kennen lernen kann. Er wollte als großer Bruder ja schließlich die Nabelschnur durchschneiden.
Außerdem fühlen wir wie die Nabelschnur noch pulsiert. Völlig faszinierend. Diesmal so gar keine Hektik, alles völlig entspannt.
Felix ist anfangs noch etwas verschlafen, aber dann realisiert er auch was hier grad los ist und kommt Anni begrüßen und streicheln.
Als die Nabelschnur auspulsiert ist, schneidet er wie gewünscht mit Papas Hilfe die Nabelschnur durch. Anni trinkt derweil schon wie ein Profi an der Brust.

 

Als die Plazenta nachkommt, kriegen wir nochmal alles schön erklärt. Ein kleiner Plazentainfarkt in der Mitte ist zu sehen, aber nichts Dramatisches.
Chris zieht dann mit den beiden Kindern auf die Couch um, während ich leider noch genäht werden muss. Aber im Vergleich zu Felix ist das diesmal auch wieder nur ein Kinderspiel. Ein D1-2 wird von Gudrun schnell mit drei Stichen genäht. Danach geh ich mich flott abduschen und husche dann ebenfalls auf die Couch und kann Anni direkt nochmal anlegen.

 

Anni ist die Tiefenentspannung in Person. Wir sind alle total fasziniert.
Und wie entspannt das ganze überhaupt Zuhause ist. Gudrun und Anna sind klasse. Ruckzuck ist alles aufgeräumt und sauber gemacht, ich krieg sogar noch ein Brot geschmiert sowie Getränke und Kekse gereicht, bevor wir Anni dann erstmals messen und wiegen.
50cm lang und 3220g schwer ist sie, bei einem Kopfumfang von 34cm.
Danach wird sofort weiter gekuschelt…

Fazit: Wenn es doch nochmal ein drittes Kind gibt, dann auf jeden Fall wieder Zuhause!

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Warum habe ich mich für eine Hausgeburt entschieden?

Die Geburt meines Sohnes knapp 3 Jahre zuvor war zwar nicht mega dramatisch, aber rückblickend fand ich einige Episoden nicht so toll. Mir ist während der zweiten Schwangerschaft immer deutlicher geworden, dass im Krankenhaus viel über meinen Kopf hinweg entschieden worden ist und als unerfahrene Erstgebärende habe ich das alles als selbstverständlich hingenommen.
Mir wurde gesagt was ich zu tun hatte, wie ich zu gebären hatte, wann ich pressen sollte, wie ich liegen sollte … Und ich habe das dann auch alles so gemacht, ohne zu hinterfragen. So wurde zum Beispiel ohne Absprache ein Dammschnitt vorgenommen.
Ich will damit gar nicht sagen, dass ich nicht auch im Krankenhaus hätte mehr selbst bestimmen können und ich möchte auch in keinster Weise meiner damaligen Hebamme und den anwesenden Ärztin Kompetenzen absprechen. Irgendwie war mir jedoch nicht bewusst, dass ich z. B. auf die Aufforderung „Jetzt leg dich mal auf die Seite“ auch einfach hätte sagen dürfen: „Nö, ich hock mich lieber hin!“. Vielleicht hätte es auch mehr Selbstbewusstsein meinerseits benötigt, mich durchzusetzen, ich weiß es nicht.
Bei der zweiten Schwangerschaft und Geburt fühlte ich mich durch meine tolle Hebamme wunderbar in meiner Selbstbestimmung unterstützt. Wenn Sie unter der Geburt einen Vorschlag gemacht hat, dann war es auch wirklich nur das: ein Vorschlag, den ich jederzeit ohne schlechtes Gewissen oder Angst auch ablehnen konnte und das tat gut.
Gleichzeitig wusste ich eine kompetente Frau an meiner Seite, die nicht gezögert hätte, mich ins Krankenaus verlegen zu lassen, wenn dies nötig gewesen wäre. So hatte ich zu keinem Zeitpunkt Angst, die mich hätte blockieren können; ich war ganz bei mir und wurde auch nicht „gestört“ durch (unnötige) Untersuchungen und Kontrollen.

Gleichzeitig bin ich mir bewusst, dass eine Hausgeburt nicht das Richtige für JEDE Familie sein muss und eine Hausgeburt auch nur unter bestimmten Voraussetzungen stattfinden kann.
Trotzdem möchte ich auf diesem Wege gern noch einmal alle werdenden Eltern darin bestärken selbst zu bestimmen wo und wie ihr eure Kinder bekommen wollt. Egal ob Zuhause, im Geburtshaus oder im Krankenhaus. Egal ob in der Wanne, in der Hocke, im Stehen, im Liegen … ihr dürft und ihr sollt das entscheiden!

In diesem Sinne
alles Liebe für alle werdenden, frischen und erfahrenen Mamas und Papas da draußen
Saskia
Am Herzen gelegen

Falls dich das Thema noch mehr interessiert, empfehlen wir dir den Beitrag zu Vorurteile in Sachen Hausgeburt *klick*

Wir danken Saskia für den wunderschönen Einblick und Bericht über ihre Hausgeburt! Gibt es unter unseren Lesern auch geplante Hausgeburten? Oder sogar spontane ungewollte Hausgeburten? Wir freuen uns sehr über eure Kommentare.