Weißt du worüber man sich früher viel weniger Gedanken machte? Ein Schulkind alleine zu Hause zu lassen. Für mich war es als 7-Jährige normal, dass ich nach der Schule alleine zu Hause war und dort (oder im Dorf spielend) die Zeit zubrachte, bis meine Eltern von ihrer Arbeit heim kehrten. Ich war auch mit 5 schon „strommern“, wie man so schön dazu sagt. Heute ist das vollkommen anders. Man macht sich Gedanken darüber, wann es vertretbar ist den 6-Jährigen nur 15 Minuten allein zu lassen und hat Angst, dass etwas passieren könnte. Die Angst ist sicher auch berechtigt, da man gefühlt immer mehr schlimme Berichte liest, die uns zusammen zucken lassen. Logisch, dass gerade in Zeiten des Internets und der vielen Informationen, die auf uns Eltern einprallen, Verunsicherung herrscht und doch ist es in meinen Augen falsch, den Kindern genau deshalb nichts mehr zuzutrauen.
Ich sehe, wie vernünftig mein Großer nun als Schulkind agiert und ich sehe auch, dass das, was ich sage, von ihm reflektiert wird. Er denkt darüber nach und äußert seine eigene Meinung dazu. Es war Zeit für mich wieder einmal einen Knopf mehr in unserem eng geknüpften Band zu lösen und ihm mein Vertrauen zu schenken: „Du kannst alleine bleiben, solange ich deinen Bruder aus der Kita hole. Ich weiß, dass du das gut machst.“ Und soll ich etwas sagen? Ich wurde nicht enttäuscht. Nein, ich war sogar stolz auf ihn und fühle mich nun sicherer als zuvor. Er hat wie abgesprochen die Tür niemanden geöffnet, nicht einmal seinem Schulfreund und das zeigte mir wieder etwas mehr, wie ernst er das nimmt, was ich mit ihm vorab vereinbarte.
Ich möchte aus Sicherheitsgründen nun nicht unsere individuellen Absprachen offen legen, aber gerne meine Tipps veröffentlichen, die hier wirklich gut funktionieren.
Meine Tipps zum Alleinbleiben:
- Vorab mit dem Kind das Türen abschließen üben, sodass es sich selbst von innen einschließen kann. Das Kind erhält einen eigenen Schlüssel.
- Telefon bereitlegen und Notrufheft für Nichtleser (falls das Kind noch nicht so gut lesen kann) oder alternativ Schnellwahltasten einrichten oder per Wahlwiederholung die eigene Rufnummer hinterlegen.
- Genau absprechen, wann man wiederkommen wird und die Zeit veranschaulichen.
- Wenn etwas dazwischen kommen sollte, muss das Kind unbedingt telefonisch kontaktiert werden, deshalb sollte es auf jeden Fall sich trauen an das heimische Telefon zu gehen und wissen, wie das funktioniert.
- Dem Kind genau erklären, in welchen Fällen die Tür geöffnet werden darf und für wen sie geöffnet werden darf. Hier darf sie für niemanden geöffnet werden…
- Telefon, Uhr (oder Eieruhr) Notrufheft und Schlüssel sollten an einem festen Platz hinterlegt werden.
Das Notrufheft für Nichtleser
Unsere Leserin Dani hat uns vor einiger Zeit Bilder eingesendet, wie sie das Telefonbuch für Nichtleser umgesetzt hat. Dabei sollte das Kind jedoch in der Lage sein Zahlen zu erkennen und diese dann ins Telefon einzugeben. Durch Fotos weiß das Kind genau, wem welche Nummer gehört. Ich denke, dass es vorab auch keinen Sinn machen würde ein Kind alleine zu Hause zu lassen.
Wenn du kreativ bist, ist das Erstellen eines solchen Notfalltelefonbuchs eine tolle Idee für einen Bastelnachmittag.
Angelehnt an ihre Umsetzung haben wir etwas vorbereitet für dich. In unserem Shop kannst du dir kostenfrei die Vorlage des Notfallnummernblattes herunterladen und beschreiben. Wenn du es digital beschreiben möchtest, musst du es in einem Zeichenprogramm öffnen. Mit einem „Klick“ auf das Foto gelangst du direkt zum Download. Dir steht es frei, ob du etwas dafür bezahlen möchtest, wenn nicht kannst du einfach eine „0“ in das entsprechende Feld eintragen.
Durch das Aufbringen von Fotos erkennt das Kind sofort, wessen Nummer es vor sich hat. Die Nummer muss dann nur noch mit dem Telefon abgetippt werden. Hilfreich ist es eventuell, wenn du aufzeichnest, ob es bestimmte Tasten zum Wählen noch drücken muss. Bei uns würde nach dem Eintippen bspw. das Drücken auf den „grünen Hörer“ folgen.
Fertig schaut das Blatt dann ungefähr so aus. Ob es nun irgendwo sichtbar hängt oder in einer Mappe hinterlegt wird, entscheidet ihr selbst.
Wann war bei uns der richtige Zeitpunkt gekommen?
Den Großen allein zu lassen, war bei uns eine sehr spontane Entscheidung. Da er nun die Schule besucht, ist er immer deutlich eher zu Hause als sein jüngerer Bruder. Als ich vor ein paar Wochen mich zur Kita aufmachen wollte, fragte er mich, ob er nicht einfach hier bleiben kann. Mein Kopf antwortete direkt ein „Warum nicht?“ und doch zögerte ich zunächst. Doch meine Ängste verflüchtigten sich im Nichts und als nach 2 Minuten in der Kita mein Handy klingelte und er mir erzählte, dass er seinen Freund gesagt habe, er solle vor der Türe warten, musste ich sogar ein wenig schmunzeln, wie ernst er ohne Ausnahme unsere Regelung einhielt. Ich war sofort beruhigt und sehr stolz auf ihn. Die „Alleinbleibephasen“ bauen wir gerade immer ein paar Minuten aus. Wie viel schlussendlich ein Kind alleine bleiben darf und ab welchem Alter es Sinn macht, möchte ich hier nicht beziffern. Zu individuell sind die Situationen und die Kinder. Schlussendlich ist es für mich beispielsweise hier auf dem Land eine deutlich ruhigere Situation als in einer Großstadt. Die Tatsache, dass wir einen Hund haben, sorgt für das zusätzliche Schutzgefühl. Du siehst also, es ist wie mit allem: Eine Bauchgefühlentscheidung. Ich kann dir nur den Rat geben auf dieses zu hören und mit deinem Kind verantwortungsvoll und offen darüber zu sprechen, sobald das Thema eine Rolle spielen sollte. Genauso akzeptiere ich es auch, wenn er einmal nicht alleine bleiben möchte. Dann hole ich ihn eben von der Schule ab und er geht mit in die Kita, um den Bruder nach Hause zu begleiten.
Übrigens finde ich diese Notfalltelefonnummern auch abgesehen vom Thema sehr hilfreich. Im Notfall hat das Kind immer die Möglichkeit eine vertraute Person zu erreichen und kann die Ruhe bewahren.
Nun bin ich gespannt. Wie stehst du zu dem Thema? Wann durftest du als Kind alleine bleiben? Wie handhabst du es selbst?
Sabrina
Sehr schön, dass es auch wieder ein bewusstes Gegensteuern gibt! Ich glaube, Viele reflektieren gar nicht, und sind auch nicht bewusst, dass gar nicht mehr passiert, sondern wir es nur vermehrt mitbekommen durch die Medien.
Ich lief schon mit 7 alleine zur Schule (20Min). Auf dem Weg „sammelten“ wir unsere Freunde ein. Ebenfalls mit 7 ging ich morgens, bevor meine Eltern wach waren, zum Zeitvertreib fürs Frühstück selbständig Brötchen kaufen (10Min Fußweg). Ich schrieb meinen Eltern einen Zettel und ging zur nächsten Tankstelle mit Geld aus Mamas Portemonnaie und meinem Schlüssel! ☺️
Ich wünsche mir diese Leichtigkeit und Selbständigkeit zurück. Vertrauen in die Kinder (natürlich individuell), und auch wieder etwas Entspannung auf Elternseite.
Bei uns war es genau so und genau die gleiche Situation. Meine Große war 6 und ist rund herum ein sehr vernünftiges Kind. Nach den Hausaufgaben spielt sie meist noch ein bisschen, bis wir ihre Schwester aus der Kita holen können. Und als sie dann einmal spontan fragte ob sie nicht hier bleiben und weiter spielen könne habe ich auch zugestimmt… ein bisschen Freiraum muss man den Kindern in dem Alter auch mal zugestehen. Mittlerweile machen wir es immer so das sie entscheiden kann ob sie heute mit in die Kita geht oder nicht. Sie genießt es zum Teil auch richtig mal 20 min nur für sich allein zu sein, Ruhe …. kein anderer im Haus. Und ich kann sie auch gut verstehen, ich genieße das nämlich auch ab und zu …
Meinem Sohn habe ich es bereits mit 4 überlassen, ob er daheim bleiben möchte, wenn ich bspw. nur schnell bis zum nächsten Supermarkt musste um etwas zu holen. Er hat ein Kinderzimmerfenster, von dem aus er mich genau sehen kann, wie ich wegfahre und wie ich wieder komme. Er wollte unbedingt weiterspielen und nicht mitfahren. Als ich kurz vor dem Auto war, rief er, „Mama, ich komme doch mit!“ 😉 War für mich genau so okay, wie wenn er daheim geblieben wäre. Mit gerade 5 war es dann soweit, er entschied sich zum ersten mal, die ca 20 min alleine zu bleiben. Wie bei allen vorherigen Versuchen auch ausgerüstet mit dem Telefon und sämtlichen Kurzwahltasten. Er rief mich auch schon nach ca 3 min das erste mal an – um mir zu sagen, dass alles gut sei und ich ruhig noch bleiben kann. 😀 Als ich dann ein halbes Jahr später zum Geburtsvorbereitungskurs ging und er immer alleine die Zeit überbrücken musste, bis der Papa von der Arbeit kam, wusste ich, dass ich mich auf ihn verlassen kann. Inzwischen ist er 7 und sehr selbstständig.
Ich war mit meiner Schwester bereits allein zu Hause, als sie drei und ich fünf waren … meine Eltern gingen abends gerne irgendwo hin. Wir haben auch etliche Male interessante Dinge angestellt, die mich davor bewahren werden, beide Kinder so früh und vor allem abends alleine daheim zu lassen. Meine Kinder sollen zwar selbstständig werden, aber fürchten sollen sie sich nicht.
Ich habe das damals vor 10 Jahren mit meiner Grossen auch so gemacht. Ein Blatt mit Bildern und Nummern von der Oma, von mir und andere Notrufnummern und eine Nachbarin, die informiert war und zu der das Kind jederzeit hätte gehen können, wenn es das gewollt hätte. Das war mir auch wichtig, da ich einmal in der Wohnung in Ohnmacht gefallen bin und wollte, dass das Kind weiss, wo es sich Hilfe holen kann. Vielleicht geht es aber nicht mit allen Kindern, meine war immer sehr zuverlässig und ich konnte mich sehr gut auf sie verlassen. Sie war ab dem Kindergartenalter hin und wieder mal eine halbe Stunde alleine, wenn sie keine Lust hatte zum Einkaufen mitzukommen und ab dem Schulalter dann auch mal länger, weil sie nach der Schule nicht mehr in die Kita wollte. Ich habe aber in der Nähe gearbeitet und wäre in 5 Minuten zuhause gewesen. Ausserdem hatten wir die Abmachung, dass sie mich immer anruft, wenn etwas ist.
Ach ja, mit Kindergartenalter meine ich das Schweizer System. Hier gehen die Kinder in den Kindergarten, wenn sie das 4. Lebensjahr vollendet haben. Vorher gibt es die Kita.
Wann ich alleine bleiben durfte, weiß ich nicht mehr so genau, ich weiß aber noch, dass ich im letzten Kindergartenjahr schon alleine gelaufen bin, auch in die schule und dann mittags zu Freunden und zum Spielen.
Heute werden die Kinder aus der dritten klasse noch von Schule abgeholt.
Meine große Tochter ist 5, sie ist noch nicht bereit alleine zu bleiben, dafür hält sie sich noch nicht genug an Absprachen.
Ich denke aber, dass wenn sie nächstes Jahr in die Schule kommt, wir dass auch handhaben werden wie ihr, da wir auch das Problem mit dem Kindergarten haben.
Ich denke auch, dass man das je nach Kind und auch Tagesform (!) entscheiden sollte. So habe ich mit meinen Großen vor neuen Schritten immer vereinbart, dass sie auch wieder zurück dürfen. Bsp. Alleine zur Schule gehen- wenn es ihr an einem Tag nicht danach war, hab ich sie selbstverständlich wieder begleitet (dieser „Schritt zurück“ kam äußert selten vor, half aber gerade meiner eher vorsichtigen Großen sich auf neue Dinge einzulassen).
Wenn sie alleine zuhause sind und jemand anruft und nach mir verlangt, sollen sie nicht sagen, dass ich nicht da bin, sondern dass ich gerade im Bad oder Keller etc bin und später zurück rufe. So wissen fremde Anrufer nicht, dass sie gerade alleine sind.
Und zuletzt: manchmal sind meine Großen (11 +13) schneller als ich und wollen schon Sachen alleine machen, z.b. alleine ins Schwimmbad etc. Wenn sich das für mich noch nicht gut anfühlt, sage ich ihnen das genau so: ich weiß, dass du das schon schaffst, aber ich bin noch nicht so weit. Lass mich dich nochmal begleiten…“. Dafür haben sie Verständnis und denken nicht, dass ich nein sage weil ich es ihnen nicht zutraue. Das kommt vor allem vor, wenn ich überrumpelt werde und keine Zeit habe das in Ruhe zu reflektieren. Und meist brauche ich noch einmal begleiten und dann fühlt es sich auch gut an wenn sie es alleine machen.
Finde ich gut! Ich übe das mit unserer Großen (5) auch schon, Müll rausbringen oder kurz zum Postkasten, das sind zwar nur fünf Minuten, hat ihr aber schon enormes Selbstvertrauen gegeben.
🙂
Hallöchen,
das ist mal ein Artikel, über den ich auch schon nachgedacht habe. Als ich im Kindergarten- und Grundschulater war, haben wir in einer Grosstadt neben dem Wald gewohnt und wir haben als Kinder nicht nur vor dem Haus, sondern im ganzen Viertel, sogar im Wald gespielt. Heute scheint mir das völlig undenkbar. Man hat so das Gefühl, dass man Kinder nicht alleine lassen kann. Sie sollen ja nicht zu weit weg von Zuhause spielen und ja nicht im Wald 😉
Jedenfalls ein schooner Artikel!
Ich wünsche noch eine schöne Woche
Ich sehe das genau so, Kinder im Schulalter können auch durchaus mal alleine bleiben, das Jungendamt sieht das aber wohl anders, eine Freundin von mir (alleinerziehend) hat jetzt enorme Schwierigkeiten mit dem Jugendamt, da ein Nachbar sie angeschwärzt hat, dass die Kinder (10 und 8) auch mal für 30 Minuten alleine zu Hause sind (für die Kinder selber ist das übrigens so gar kein Problem und sie verstehen auch nicht, wo das Problem jetzt überhaupt liegt)