Höflichkeitsfloskeln und freundliche Umgangsformen sind mir als Mensch wichtig und ich freue mich über ein „Hallo“ genauso wie über ein „Bitte“ oder ein „Danke“. Wenn meine Großmutter von meiner Kindheit erzählt, dann sagt sie oftmals, dass ich ein freundliches Mädchen seit eh und je bin und schon mit etwas über einem Jahr so etwas, wie „sönen dag“ gesagt hätte. Sicherlich sagte ich es, weil ich es von anderen hörte und das Verhalten nachahmte. Auch noch heute ist es für mich eine Selbstverständlichkeit, dass ich bspw. in Geschäften „Guten Tag“ sage oder ich mich in Emails oder unter Kommentaren bedanke. Es fängt im Kleinen an und hat seinen Platz an vielen Stellen des Alltags.

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Ich würde lügen, wenn ich nun schreiben würde, dass es mir egal ist, ob meine Kinder höflich sind. Natürlich finde ich es schön, wenn sie sich für Geschenke bedanken oder ein „Hallo“ beim Betreten des Bäckers im Ort herausbringen. Ich mag es, wenn sie etwas möchten und dementsprechend bitten und mindestens genauso schön finde ich es, wenn sie sich ordentlich verabschieden, wenn wir irgendwo zu Besuch bei Verwandten sind. Trotzdem bestehe ich nicht darauf, dass sie sich entschuldigen, grüßen oder bitten.

Falsche Moral vs. Lügen aus Freundlichkeit?

Ich habe häufig darüber nachgedacht, wie ich reagiere, wenn bspw. der Moment kommt und mein Kind sich nicht entschuldigen möchte, obwohl es in meinen Augen die Schuld trägt. Schon bevor ich selbst Kinder hatte, brannte sich eine Situation ein: Eine Bekannte meinerseits hatte damals ein ungefähr 3-jähriges Kind, dass hin und wieder ein wenig ungestüm war. Manchmal passierte es, dass dabei unabsichtlich etwas zu Bruch ging oder auch einmal ein anderes Kind etwas unsanft angerempelt wurde. Ja, es wäre richtig gewesen sich dafür zu entschuldigen, wenn man etwas falsch macht. Der kleine Racker schien aber die ganze Sache aus einem anderem Blickwinkel wahrzunehmen und überhaupt nicht daran zu denken, dass er jemanden weh getan hat. Später habe ich viel mehr zu dem Thema gelesen und erkannte die Tatsache, dass auch das Gehirn in diesem Alter noch gar nicht so richtig in der Lage ist Mitgefühl für andere zu erzeugen. Wer kein Mitgefühl haben kann, der kann auch keine Reue empfinden und so begann die Spirale.

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Die Mutter stand damals aufgeregt da und meinte immer wieder: „Entschuldige dich jetzt!“. Der Kleine schüttelte den Kopf. Sie darauf hin: „Du sollst dich entschuldigen.“ Der Junge wollte nur eines, nämlich weiter spielen. Die Mutter nun langsam sauer: „Du sollst dich bei dem Mädchen entschuldigen, dass wegen dir umgeflogen ist.“ Er schaute verdutzt drein. Nun wurde dass „geschädigte“ Mädchen am Arm genommen und zu ihm gebracht: „Sie nur, wie es A. weh getan hat. Siehst du die Tränen denn nicht?“. Kopfschütteln. „Ich bin wirklich enttäuscht von dir. So ist kein lieber Junge.“ Die Situation war inzwischen für alle unangenehm. Das kleine Mädchen hatte längst vergessen, was passiert war und bestand nicht auf eine Entschuldigung. Der „Verursacher“ erkannte sein Fehlverhalten nicht und einzig die Mütter erwarteten nun folgerichtiges Verhalten. Da es jedoch mit dem Entschuldigen anscheinend nicht so funktionierte, musste irgendetwas folgen und so passierte etwas, dass sich bei mir ganz blöd einbrannte: „Wenn du dich jetzt nicht entschuldigst, gehen wir nach Hause.“ Plötzlich drehte sich der Junge um und sagte ein kaum hörbares: „Tschuldigung“. Das reichte der Mutter nicht und so folgte: „Das habe ich nicht verstanden, nochmal lauter bitte.“ „ENTSCHULDIGUNGGGGGGGGGGGGG“. Die Mütter schienen zufrieden und gingen ihren Gesprächen wieder nach, ich blieb am Rande und stutzte.

Ist es das wirklich?

Ich meine, ist es das wirklich, was wir wollen? Kinder, die sich nicht entschuldigen, weil sie spüren, dass da etwas falsch gelaufen ist, sondern Angst vor der willkürlichen Folge haben, die ihnen die Mutter dann auferlegt, falls sie nicht das gewünschte „Entschuldigung“ an den Tag bringen? Das hat mich so beschäftigt und als ich neulich auch bei Instagram eine Diskussion darüber führte, war auch dort eine Mutter, die sagte: „Meine Kinder MÜSSEN sich entschuldigen.“ Ich frage mich, wie man dieses „MÜSSEN“ anders umsetzen könnte, außer indem man reine Willkür walten lässt. Ein Kind, dass nicht versteht, warum es sich entschuldigen soll, wird sich nicht entschuldigen.

Ich habe weiter darüber nachgedacht: NEIN, ich möchte Kinder, die sich entschuldigen, weil sie es ehrlich meinen. Auch wenn die Gesellschaft erwartet, dass unsere Kinder stets kokett und auf den Punkt reagieren, so finde ich ein unehrliches Entschuldigung, dass einzig auf dem Druck beruht, den wir Eltern den Kindern machen, irgendwie total falsch. Das ist einfach nicht MEIN Ziel und auch nicht die Auffassung nach der ich lebe. Genauso verhält es sich mit „Hallo“ und „Danke“ usw. Meine Kinder sollen es sagen, weil sie es wollen, weil sie dem Gegenüber ihre Wertschätzung ausdrücken möchten und nicht, weil sie sonst mit negativen, willkürlichen Folgen oder Ermahnung rechnen müssen.

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Was kann ich als Mutter aber tun?

Ich selbst lebe einfach Höflichkeit vor. Ich sage „Guten Tag“ an der Kasse beim Einkaufen, ich grüße Bekannte auf der Straße und ich entschuldige mich, wenn ich versehentlich mit der Tasche anremple. Darüber hinaus habe ich einen Mund. Wenn ich ein Entschuldigung angebracht finde, dann kann ich mich entschuldigen und ich finde es auch legitim das zu tun, wenn mein Kind in meinen Augen falsch gehandelt hat: „Es tut mir leid, dass dich mein Sohn gerade versehentlich angerempelt hat. Ist dir etwas passiert?“. Und ja, natürlich kann ich meinen Kindern offen sagen, was ich mir wünsche. „Weißt du, ich würde es schön finden, wenn du  dich von Opi noch fix verabschiedest. Wir werden ihn so lange nicht sehen.“ oder im Nachgang (je nach Alter) „Du, warum wolltest du Opi heute nicht Tschüss sagen?“.

Ich glaube, dass wir als Mütter oft einfach in dieser Erwartungsschiene stecken. Wir machen uns Gedanken darüber, was unser Gegenüber nun von uns denken wird und möchten nicht als schlechte Mutter abgestempelt werden. Dabei stehen wir uns vielleicht manchmal ein wenig selber im Wege und eventuell setzen wir dann auch falsche Erwartungen in unsere Kinder. Ich bin der festen Überzeugung, dass man Höflichkeit genauso wie das Gehen lernen kann. Dafür braucht es Zeit und Vorbilder. Druck und Zwang braucht es hingegen nicht.

Nebenbei erwähnt: Bei uns scheint mein Weg ganz gut zu funktionieren. Ich empfinde meine Kinder als sehr höfliche Persönchen. Folgende Bücher empfehle ich dir gerne. Durch einen Klick darauf, kannst du sie direkt nachkaufen*

Wie siehst du das? Hinterlasse gerne deine Meinung unter dem Beitrag.

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Sabrina