Ein neuer Artikel aus unserer Geburtsberichtsreihe. Leserin Tanja berichtet von dem Ende ihrer Schwangerschaft und der Erlebnisse unter der Geburt ihres 2. Sohnes.

Fruchtwasserembolie Geburtsbericht

Meine zweite Schwangerschaft war leider nach nur 13 Wochen vorbei. Das kleine Herzchen in meinem Bauch hatte aufgehört zu schlagen. Die Ärztin riet uns einen Monat zu warten und es dann einfach wieder zu versuchen, da der Körper nur ein Kind produziert, wenn alles wieder bereit ist…

Es klappte sofort.

Zwei Monate nach der Ausschabung hielt ich einen positiven Test in den Händen und umgehend war die Angst wieder da. Angst vor jeder Untersuchung, vor jedem Ultraschall und einfach immer. Bei jeder Untersuchung gab es ein kleines Problemchen. Nie Schlimmes, aber die Angst und das ungute Gefühl in mir wurde immer stärker. Die Ärztin schimpfte mit mir, aber ich war überzeugt, etwas stimmte in meinem Bauch nicht. Keiner nahm mich Ernst.

In der 31. Woche hatte ich plötzlich abends Blutungen. Wir fuhren sofort ins Krankenhaus. Die Uniklinik Frankfurt war nur 10 Minuten entfernt. Dort stellte man fest, dass die Plazenta zwischen Kindsköpfchen und Ausgang liegt. Das Gewicht der Babys drückt auf die Plazenta, dadurch kam es zu den Blutungen. Wie das bei den Untersuchungen beim Frauenarzt nicht festgestellt wurde, war für alle unerklärlich. So viel zu meinem Gefühl.

Ich wurde stationär aufgenommen und musste im Bett bleiben. Drei Tage vor dem 2. Geburtstags meines Großen. Ich war verzweifelt, weinte viel. Jeden Tag hoffte ich, dass die leichten Blutungen aufhören und ich nach Hause darf um den Geburtstag vorzubereiten. Aber nein, ich musste bleiben.

Kurz darauf hörten die Blutungen doch auf und am 24.02.2015 sollte ich entlassen werden.

Ich habe abends vorher meine Tasche gepackt, in Gedanken die Nachfeier durchorganisiert, die Einkaufsliste geschrieben, hatte sein strahlendes kleines Gesicht beim Auspacken der Geschenke vor mir. Nur aufstehen, frühstücken, Visite abwarten und dann endlich wieder heim zu meinem Großen!

Morgens stand ich auf und das Blut lief. Keine Entlassung,  Bettruhe, Blutung beobachten. Ich weinte, viel.

Mein Mann und der Große machten sich nach dem Mittagsschlaf auf den Weg zu mir, doch bis sie 20 Minuten später ankamen wurde ich bereits auf den Kaiserschnitt vorbereitet.

Baby Neugeboren (1)

 

Plötzlich musste alles sehr schnell gehen

Die Blutung war stärker geworden, das bedeutet in meiner Situation sofort Kaiserschnitt, da es zu gefährlichen sehr starken Blutungen kommen kann… mein Papa hatte ich angerufen, er war schon auf dem Weg zur Klinik, um meinem Mann den Großen abzunehmen.

Der wurde völlig überrannt, hatte er doch gerade noch nichts ahnend Steinchen gesammelt.

Ich wurde also vorbereitet und in den OP gefahren. In dem, in dem ich unser zweites Baby weggemacht bekommen habe. Ich hatte wahnsinnig Angst, nun auch dieses Baby zu verlieren.

Ich klammerte mich an die Hand meines Mannes, die PTA wirkte nicht richtig, sie stellten mein Bett fast auf den Kopf und mir wurde schlecht. Ich bekam keine Luft mehr und schrie panisch: ICH ERSTICKE! ICH ERSTICKE!

Dann wurde es dunkel. Irgendwann hörte ich Stimmen. Es waren zwei. Sie unterhielten sich über Blutkonserven, Zugängen, Werte. Ich versuchte die Augen zu öffnen zu reden. Da spürte ich eine Hand, etwas wurde aus meinem Hals gezogen und ich sah eine grün gekleidete Frau, die beruhigend auf mich einredete. Ich bekam keinen Ton raus, krachte verzweifelt: „Mann, Baby?“ Wo war mein Baby?

Da rannte mein Mann an mein Bett, redete auf mich ein, dass es ihm gut gehe und er so froh war, dass ich wieder aufgewacht sei und alles wieder gut wird.

Ich war völlig durcheinander. Er zeigte mir ein Foto eines winzigen Wesens, welches an zahlreiche Schläuche angeschlossen war. Dann musste er auch schon wieder gehen. Eine Frau trat an mein Bett und fragte, ob ich verstanden hätte, was passiert war.

Ich schüttelte den Kopf und sie begann zu erzählen

Sofort als ich zu Schreien begann, hat die Ärztin das Baby so schnell sie konnte geholt. Mein Herz hörte auf zu schlagen. Ich wurde wiederbelebt. Ich hatte eine Fruchtwasserembolie. Fruchtwasser dringt durch die Plazenta in die Blutgefäße, von dort in die Lunge. Die Blutgerinnung setzte für ca. zwölf Stunden aus. Passierte der Ärztin 1 x in zwanzig Jahren. Die Chancen zu überleben sind gering. Ich lebe, dank zwölf Blutkonserven und einer Uniklinik, die auf solche Notsituationen im OP geschult ist. Sie wussten, was zu tun ist. Wäre es in einer anderen Klinik passiert, wäre ich tot.

Nach zwei Tagen lag ich wieder auf der normalen Station und konnte nach einem weiteren Tag im Rollstuhl endlich zur Neo Intensiv. Ich werde nie das Gefühl vergessen mein Babywunder im Arm zu halten. So zart. So winzig. So stark.

Baby Neugeboren (2)

Er durfte die Klinik sehr schnell kerngesund verlassen, musste nur die gesetzlich vorgeschriebene Zeit in der Klinik verbringen.

Ich wurde am 6. März nach einer weiteren kleinen OP gesund entlassen. Mir geht es gut.

Schlimmer als für mich war diese Geburt für meinen Mann. Er stand da und konnte nichts tun. Wusste nicht, was geschehen war, wurde aus dem OP geworfen, sah unseren zarten kleinen Sohn, musste ihm alleine einen Namen geben. Gut, dass wir diesen zwei Tage vorher per WhatsApp festgelegt hatten. Er bangte bis morgens um vier um mein Leben, konnte nichts tun. Musste seine und meine Eltern irgendwann anrufen, ihnen sagten, dass sie Großeltern geworden sind, aber er nicht weiß, ob sie ihre Tochter jemals lebend wiedersehen.

Auf seinen Schultern lag alles. Er half mir sooooo viel, kümmerte sich um unsere Jungs, als ich es nicht konnte, schob mich zur Babystation, tat einfach alles. Ein wahrer SUPERHELD!

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