Kinderzimmer aufräumen. Ein Thema das Gemüter erhitzt, für Streit sorgt, nervt, mit Tränen endet und alle Familienmitglieder immer und immer wieder aneinander geraten lässt. Genauso könnte es aber auch zu einem Thema werden, dass du entspannt und locker angehst, dich leicht nicken lässt und du in Zukunft weniger kritisch siehst. So war es bei mir – ich stand vor ein paar Monaten vor der Wahl: Kämpfe ich immer und immer wieder, nur um meinen Wunsch nach Ordnung erfüllt zu sehen oder denke ich an meine Nerven?

Ich entschied mich das Thema Kinderzimmer aufräumen neu zu betrachten, Lösungen zu suchen und anders anzugehen.

kinderzimmer aufräumen tipps tricks wichtig

Wahrheit 1: Wenn die Möglichkeit für Ordnung gar nicht da ist.

Wahrheit Nummer 1, die wirklich ein wenig weh tat, war die Tatsache, dass die vielen, vielen Spielsachen von mir angeschafft wurden – natürlich mit positiven Gedanken, was aber rein gar nichts daran änderte, dass sie jetzt unliebsam „abgeworfen“ wurden und herumlagen. Das Kinderzimmer füllte sich, nein: die Wohnung füllte sich und es wurde mehr und mehr. Irgendwann fühlte ich mich so genervt von unserem Hausstand, dass ich etwas tun wollte. Ich fing an, die Kinderzimmer mit den Kids umzugestalten und ein Ordnungssystem zu schaffen, dass durchschaubar war. Besonders aus dem Bereich Montessori fand ich viele, viele tolle Impulse, wie man eine Umgebung für Kinder ansprechend gestalten kann und ihnen überhaupt zu ermöglichen Ordnung zu halten. Was habe ich also getan:

  • grundsätzlich aussortieren, was die Kinder ohnehin nicht mehr bespielten
  • offene Regale einrichten
  • thematisch sortieren (Stifte und Autos in einer Kiste machen sich ungut)
  • Kisten und Körbe anschaffen
  • in Stoffeinschüben zusammengehörige Kleinteile aufbewahren (Lego, Bausteine, Autos)

Auf diese Weise schafften wir erst einmal die Möglichkeit, dass überhaupt Ordnung möglich war – alles hat von uns einen festen Platz und damit eine „Adresse“ bekommen.

erziehung kinderzimmer aufräumen kein streit kinder bedürnisorientiert (2)

Wahrheit 2: Fragen, ob etwas weg kann…

Klar, wir haben die Sachen selbst angeschafft, aber eben auch an das Kind geschenkt. Der Gedanke nun ungefragt Sachen wegzuwerfen, lässt mich heute zucken. Früher war ich eine „Müllsackmama“. Wenn es mir gereicht hat, bin ich ins Zimmer gestürmt und habe den Müllsack gezückt. Dann flogen schon einmal ein paar Teile weg, die meiner Meinung nach nicht genutzt wurden oder ständig herumlagen. Nun betrachten wir die Situation aber einmal aus einer anderen Position. Wir sitzen in unserem Nähzimmer / an unserem Kleiderschrank / in unserer Küche (ersetze durch einen von dir geliebten Raum) und dann kommt unser Partner hereingestürmt mit einem Sack und fuchtelt wild herum. Dabei vertont er, dass es ihm reicht diese ständige Unordnung und weil wir es nicht schaffen Ordnung zu halten, macht er es nun auf seine Weise. Wie wirkt das? Blöd! Man wird schlecht gelaunt, fühlt sich ungerecht behandelt und hat nun sicher keine Lust zu kooperieren. Wahrscheinlich würden die meisten von uns sogar ihre Sachen verteidigen (so wie die Kinder es in dem Fall ebenso tun).

Wahrheit 3: Kann ein Mensch Ordnung lernen?

Diese Frage habe ich mir lange gestellt und bin zu dem Ergebnis gekommen, dass es Menschen gibt, die von Haus aus zu Ordnung neigen und dann eben solche Chaoten, wie ich es auch bin, ABER man kann es lernen. Man kann sich Techniken aneignen, die Unordnung verhindern, minimalistischer sein oder oder oder … Jetzt kommt aber noch ein ABER. Unsere Kinder lernen so etwas auch, aber eben nicht dadurch, indem wir sie mit Staubsaugern und Müllsäcken bedrohen und ihnen Angst machen, sondern vielmehr, indem wir es vorleben und wir gemeinsam aufräumen, freiwillig, ohne Gegenwehr – nur dann macht es Sinn. Wir erreichen nichts indem wir das Kind zum Aufräumen zwingen, außer, dass es diese Tätigkeit mehr und mehr unter „Error – schlecht, nervig“ verbuchen wird.

Wahrheit 4: Seitdem du ausgezogen bist, räumst du ja plötzlich auf…

Ich muss immer wieder schmunzeln. Ich kenne unheimlich viele Menschen, die erst so richtig Ordnung halten und aufräumen, seitdem sie bei den „Eltern raus sind“. Das meistumkämpfte Thema verpufft plötzlich im Nichts. Mit dem Auszug ist der Druck weg, das Thema ist nicht mehr relevant. Es ist kein Schauplatz mehr und zudem liegt die Verantwortung nun eindeutig nicht mehr bei den Eltern. Die Lage entspannt sich und aufräumen verliert seinen negativen Touch, den es all die Jahre zuvor bekommen hat.

Wir sehen tagtäglich, dass die allermeisten Menschen es schaffen irgendwann auf eigenen Beinen zu stehen und dementsprechend auch ihre eigenen vier Wände aufräumen, aber meinen trotzdem, dass wir unseren eigenen Kindern das Aufräumen nicht einfach so schaffen könnten. Warum?

skandinavisches-kinderzimmer-kinderzimmerideen-16

Wahrheit 5: Alleine aufräumen, funktioniert eben nicht gut…

„Holger (4 Jahre), du räumst das jetzt alles auf. Ich bin in 30 Minuten hier oben und dann will ich Ordnung sehen.“ So oder so ähnlich fluppen aus uns Sätze. Überlegen wir mal genauer:

  • Holger ist 4 und kann daher wahrscheinlich unmöglich alleine aufräumen.
  • Holger versteht nicht, was mit „alles aufräumen“ gemeint ist. Er erfasst es gar nicht.
  • Holger weiß auch eigentlich gar nicht so recht, was Ordnung ist und Mama darunter versteht.
  • Holger fühlt sich überfordert, wirft 3 Steine in die Kiste und oh guck mal ein Auto…

Kindern das Aufräumen eines kompletten Zimmers zu übertragen, überfordert häufig. Das Ende vom Lied ist Frust auf beiden Seiten und unnötiger Streit. Allein deshalb sollte man sich um Lösungen bemühen, die allen gerecht werden.

Wie könnte die Lösung aussehen?

  • Bewährt hat sich bei uns die Verteilung von kleinen Verantwortungsbereichen. So ist der Große für das LEGO zuständig. Er spielt ohnehin am meisten damit und es passiert, dass sich die Bausteine in mehreren Räumen verteilen. Er sammelt also die herumliegende Steine regelmäßig ein und wirft sie in die zugehörige Kiste.
  • Auch haben wir es zur Regel werden lassen, dass ich sonntags das Kinderzimmer aufräume. Die Kinder wissen das mittlerweile schon gut und bereiten dementsprechend ihre Sachen vor. Alles was stehen bleiben soll, finde ich ordentlich aufgestellt.
  • Wir haben uns darauf geeinigt, dass täglich mindestens die „Rettungsgasse“ freigeräumt wird.
  • Zum Aufräumen gehört bei uns Spaß und Musik.

uhrzeit lernen zeitgefühl kinder zeit bummeln erziehung mama (1)

Wieso habe ich aufgehört die Kinder zum Aufräumen zu zwingen?

Vielleicht hast du dir dies schon aus dem oberen Abschnitt erlesen, aber ich möchte es noch einmal zusammenfassend sagen. Ich habe keine Angst, dass meine Kinder etwas „nicht lernen“ nur weil ich sie nicht zum gewünschten Verhalten zwinge. Im Gegenteil. Ich sehe mittlerweile das aufräumen „Müssen“ kontraproduktiv. Es setzt keinen Impuls im Kind frei es schön haben zu wollen, oder aufräumen zu wollen und damit hat es einfach 0 Effekt, außer vielleicht Streit. Den möchte ich uns wiederum nicht antun und meine Nerven schonen. Darüber hinaus möchte ich keine Erpressung oder Manipulation anwenden, damit mein Kind meine Bedürfnisse nach Ordnung erfüllt. Ich will es ordentlich haben, also räume ich selbst auf und bin sogar schneller fertig, solange die Kids die Verantwortung dafür noch nicht übernehmen können. Die einzige Tatsache mit der sie momentan leben müssen, wenn ich alleine Ordnung schaffe, ist die, dass es dann so aufgeräumt ist, wie es mir gefällt.

P.S. Im Sommer 2018 erscheint mein Buch und befasst sich unter anderem auch mit diesem Thema 😉

Sabrina

kinderzimmer aufräumen tipps tricks wichtig kinder