Da sitze ich also in Südafrika am Laptop, schaue Mann und Kind beim Sandburgenbauen zu und schreibe meinen ersten Gastbeitrag (vielen lieben Dank an Mamahoch2). Mein Sohn feiert in 3 Wochen auf Borneo seinen ersten Geburtstag!
Und ich denke an die vergangene Zeit zurück, an all das, was uns hierhin geführt hat…
Ich bin Stefanie von mamakompass.de und habe im November 2017 unseren Sohn zu Hause im Badezimmer auf die Welt gebracht. Das bedeutet also für mich, seit fast 365 Tagen denke ich jeden einzelnen Tag an dieses wunderschöne Erlebnis zurück. Es begleitet mich. Es hat mich zu mir finden lassen und bestärkt mich in so vielen Lebenssituationen.
Aber natürlich sind wir nicht einfach so aus heiterem Himmel auf die Idee gekommen unser Kind zu Hause auf die Welt zu bringen. Es war ein steiniger Weg, so viel kann ich schon mal vorwegnehmen.
Angefangen hat alles damit, dass mein Mann und ich eine Familie gründen wollten. Recht unspektakulär. Er 24, ich 25, freuten uns darauf, bald ein Baby zu haben.
Im Sommer 2016 war es dann soweit. Ich war schwanger. Und schon nach wenigen Wochen durfte ich mich mit meinem „neuen Kumpel“, dem Bauchgefühl, vertraut machen. Ich hatte noch keine ärztliche Bestätigung. Aber ich wusste genau, dass etwas nicht stimmt. Wenige Tage später hatte ich einen natürlichen Abgang. Fehlgeburt Nummer 1.
Ich wurde direkt im darauffolgenden Monat wieder schwanger. Diesmal sollte alles anders werden. Unser Baby war auf dem Weg. Das stand für mich fest! „Ein zweites Mal kann mir so etwas nicht passieren“. Um nicht enttäuscht zu werden, ging ich erst Ende des ersten Trimesters zum Frauenarzt. Voller Vorfreude und mit dem Satz „Mal schauen, vielleicht sind es ja auch zwei“ bin ich also zum langersehnten Ultraschall. Ich wollte das Herz schlagen hören und vielleicht bekäme ich sogar schon den Mutterpass mit. Das wäre die Krönung! Ich schob meine Gefühle komplett beiseite. Ich wollte dieses Kind. Also lag ich da, folgte den Blicken des Vertretungsarztes und hörte nur „Das Baby lebt nicht. Kein Herzschlag mehr. In welches Krankenhaus wollen Sie zur Ausschabung?“.
Ich bin einfach aufgestanden und gegangen. Raus, in die Arme meines Mannes. Ich war leer. Innerlich tot. Und das für eine sehr lange Zeit. Der Arzt im Krankenhaus stellte fest „Ach, das waren ja zwei Embryos. Ein Zwilling“ – Wusste ich es doch.
Ich wurde ausgeschabt. Mit dem Wissen von heute, hätte ich noch gewartet. Ich war noch nicht so weit, meine Kinder im Bauch herzugeben. Die OP gab mir den Rest. Ich war am Ende.
Unser gesamtes Leben können wir schier planen, nur das große Wunder nicht. Doch genau das haben wir im Laufe der Zeit vergessen. Die Entstehung eines Babys ist und bleibt ein Wunder! Ich hatte keine Ahnung von Fehlgeburten, denn es war nie ein Thema in meinem Umfeld. Warum auch? Darüber spricht man lieber nicht.
Ein halbes Jahr hatte es gedauert, bis sich mein Körper und mein Herz wieder erholt hatten. Dann wurde ich ein drittes Mal schwanger. „Ein Junge“ – schoss es mir beim Anblick des positiven Schwangerschaftstests in den Kopf. „Ein Mädchen“ – sagte mein Mann.
Ich öffnete mich einer 6fach-Mama und erzählte ihr von meiner Vorgeschichte. Sie hatte selbst schon fünf Fehlgeburten durchlebt. Sie wusste wohl was ich in dieser Situation brauchte und leitete mich direkt an eine Hebamme für emotionale Hilfe weiter. Schon in der 7. Schwangerschaftswoche saß ich also bei Anne. Diese Hebamme war ein Segen für mich. Wir hörten gemeinsam die Herztöne ab und weil es mir so gut ging und ich so unendlich glücklich war, plauderten wir bei einem der Termine einfach ein bisschen. Sie fragte mich wie ich mal gebären möchte. „Ganz einfach und natürlich. So wie meine Mama mich halt auch bekommen hat.“
Geburtshauspläne
Sie gab mir einen Flyer vom Geburtshaus mit, von dem ich noch nie etwas zuvor gehört hatte. Ich war begeistert. „Da will ich hin!“
In der 11. Schwangerschaftswoche saßen mein Mann und ich also beim Infoabend und wir meldeten uns direkt im Anschluss für eine Geburt im Geburtshaus an. Alles fühlte sich gut an. Alles war stimmig und alles nahm seinen Lauf. Der Babybauch wuchs, die ersten Tritte wurden spürbar und wir entschieden uns, uns überraschen zu lassen, ob es denn nun ein Mädchen oder ein Junge würde.
Von einem Vorsorgetermin beim Frauenarzt ging ich immer mit einem mulmigen Gefühl nach Hause und obwohl alles bestens war, war ich doch immer irgendwie verunsichert. Aus dem Geburtshaus kam ich immer mit einem Luftsprung! Alle Hebammen waren unbeschreiblich nett und gaben mir immer ein so wundervolles Gefühl mit. Also hörte ich mal wieder auf mein Bauchgefühl. Ich sagte alle weiteren Vorsorgetermine beim Frauenarzt ab und war ab da an nur noch bei den Hebammen im Geburtshaus. Ich war glücklich. So glücklich wie noch nie in meinem Leben!
Vertrauen
Stück für Stück – von Schwangerschaftswoche zu Schwangerschaftswoche – lernte ich, meinem Bauchgefühl wieder zu vertrauen, mich zu informieren und dann eigenverantwortlich Entscheidungen zu treffen.
4 Wochen vor dem errechneten Geburtstermin änderten wir mit einem Grinsen im Gesicht unsere Pläne. Es sollte eine Hausgeburt werden. Nur wir und die Hebammen wussten Bescheid. Keine Eltern, die wir um Rat fragten, keine Meinungen die wir uns von außen anhörten. Wir hatten uns gründlich und ausreichend informiert. Wir wussten genau, was wir taten. Eigentlich wusste ich es schon lange bzw. mein Bauchgefühl. Schon in der 20. Schwangerschaftswoche fragte ich nämlich mal meine Hebamme „Und was ist, wenn ich dann nicht aus der Wohnung raus will und nicht losfahren möchte, sondern zu Hause bleiben will?“ „Na, dann bekommst du dein Kind eben zu Hause, zu dir würde eh eine Hausgeburt passen“.
Danke, liebe Hebamme für dein Vertrauen! Danke für eine so einfache aber unendlich bestärkende Antwort!
An einem verregneten, grauen Novembertag kam unser Sohn ganz einfach, ganz natürlich und so wunderschön im Badezimmer auf die Welt. Ja genau, ein Sohn. Es war tatsächlich ein Junge!
Und was für einer! Mit 4620g und 57cm das zweitschwerste Kind der Geburtshausgeschichte. (Da wir über Termin waren musste ich aus Versicherungsgründen noch einmal zum Ultraschall ins Krankenhaus. Unser Baby wurde zwei Tage vor Geburt mittels Ultraschall auf 3600g geschätzt.)
Es war eine wunderschöne Geburt und mein Mann der beste Geburtsbegleiter, den ich mir nur hätte vorstellen können. Er war ein so wichtiger Bestandteil. Die junge Hebamme hielt sich einfach im Hintergrund. Genau so sollte für mich Geburt sein.
Diese Geburt hat mich auf Lebzeiten bestärkt. Sie hat mich wieder so nah zu mir selbst gebracht. Zu der, die ich eigentlich bin. Glücklich, mit dem Vertrauen in die Natur.
Ich habe gelernt, dass kein anderer Mensch den richtigen Weg für mich weiß, nur ich selbst. Meinen Weg zu gehen bedeutet, mich von all den Meinungen anderer freizumachen. Warum auf andere hören, wenn ich mir selbst am besten vertrauen kann? Dieses Wissen und Gefühl begleitet mich auch in allen anderen Lebensbereichen. Ich vertraue mir.
So kam es jetzt auch dazu, dass wir als kleine Familie auf Weltreise los sind. Wir wollen Zeit als Familie verbringen, die Welt erkunden, neue Lebensstile kennen lernen und endlos viele Sandburgen mit unserem Kind bauen.
Ich habe ´Mamakompass´ gegründet, um Frauen auf dem Weg zu ihrer wunderschönen und bestärkenden Geburt zu begleiten. Ich wünsche mir, dass Frauen keine Angst mehr vor Geburten haben und Kinder sanft auf die Welt kommen dürfen.
Meine lieben Sternenkinder im Himmel, lieber Finn, danke, dass ihr mich als eure Mama ausgesucht habt und ich durch euch wieder zu mir selbst gefunden habe. Ich liebe euch!
Die Autorin:
Stefanie ist Gründerin von ´Mamakompass´ und verhilft in ihrem Intensivkurs ´Deine sanfte Geburt´ Frauen zu ihrer selbstbestimmten Wunschgeburt. Hier geht´s zum Kurs:
Oder möchtest du die Reise der jungen Weltenbummler-Familie weiterverfolgen, dann schaue auf Instragram vorbei:
Hallo ihr Lieben,
vielen Dank für eure Kommentare und Gedanken zu meinem Gastbeitrag. Ich sehe es wie ihr, wir können in Notsituationen dankbar für unsere heutige Medizin sein.
Viele (nicht alle!) Notsituationen bei einer Geburt, können aber durchaus mittels entspannter Muskulatur der Gebärmutter und der richtigen Atmung vermieden werden.
Meine Intention ist es, Frauen dahingehend zu stärken, die Geburt ihres Kindes selbstbestimmt zu gestalten. Denn eine entspannte Umgebung, eine Mama in tiefem Vertrauen zu sich selbst und ihrem Kind und Eltern, die angstfrei in eine Geburt gehen sind essentiell für eine sichere Geburt – ganz unabhängig vom Geburtsort!
Denn auch jede Mama, die traumatisiert aus der Geburt ihres Kindes geht, ist eine zu viel.
Alles Liebe
Stefanie
P.S. Zudem möchte ich euch sagen, dass eine Hausgeburt alles andere als unsicher ist. Um das zu wissen, lohnt sich ein Blick in die Statistiken und Gespräche mit Hebammen und Ärzte. Hierzu kann ich euch auch den Film „Die sichere Geburt“ empfehlen.
Susanne,
vielen vielen Dank für Deinen Kommentar, den ich voll und ganz unterstützen möchte. Ich habe drei Kinder, zwei kamen ganz problemlos, das erste nicht, und da wäre es mir dann ähnlich gegangen wie Dir. Und zu den zwei anderen Geburten kann ich nur sagen, dass man auch im Krankenhaus ganz entspannt und ohne ungewollte „Hilfe“ Kinder bekommen kann. Darüberhinaus bin ich auch noch einer der erwähnten Ärzte im Hintergrund und kann auch aus dieser Erfahrung sagen: ja, es ist naiv und unverantwortlich, sich und vor allem auch dem Kind die Möglichkeiten zu nehmen, die das 21. Jahrhundert uns erfreulicherweise bietet. Denn gerade bei Geburten geht es zum einen um zwei Menschenleben und zum anderen manchmal verdammt schnell schief. Und da ist einmal tatsächlich einmal zu viel, und hinterher die Trauer riesig, vor allem, wenn es vermeidbar gewesen wäre.
Viele Grüße,
Sonja
Liebe Stefanie,
immer wenn ich bisher Artikel über selbstbestimmte, ganz einfache, ganz natürliche und wunderschöne Geburten gelesen habe, haben mich diese Artikel sehr beschäftigt….aber noch nie habe ich vorher auf einen Artikel reagiert. Heute ist es aber soweit… 🙂
Frauen die noch keine Kinder bekommen haben, wissen noch absolut garnicht, was sie bei einer Geburt erwartet….natürlich hat man deshalb als Erstgebärende gemischte Gefühle.
Einerseits absolute Vorfreude – Klar schaffe ich das, das hat die Natur ja so vorgesehen….
Andererseits Angst – Schaffe ich es wirklich – was ist wenn etwas schief geht….
Und meiner Meinung nach haben BEIDE Gefühlsrichtungen ihre Berechtigung.
In vielen solcher Artikel , wie du ihn eben auch geschrieben hast klingt es so als wäre eine Geburt wie du sie hattest das selbstverständlichste auf der Welt – und jede Frau sollte so gebären!
Aber – Das ist eben garnicht selbstverständlich – es ist ein ganz ganz großes Glück, wenn man so eine tolle und unkomplizierte Geburt erleben darf wie du!
Ich bin Mutter zweier Kinder ( 4 und 1)
Hätte ich mein zweites Kind so wie du – zuhause, in Ruhe, weit weg von ärztlicher Betreuung – geboren, hätten wir die Geburt wohl beide nicht überlebt.
Obwohl es super angefangen hat und ich mit 9 cm Muttermund , extrem motiviert, stark und voll entschlossen natürlich zu entbinden , im Kreissaal ankam, endete meine Geburt in einem Albtraum. Diagnose – Uterusruptur! Nein, nicht an einer Kaiserschnittnarbe, sondern meine Gebärmutterhinterwand ist einfach so, durch die natürlichen Strapazen der Geburt gerissen….
Da musste dann plötzlich alles ganz ganz schnell gehen!
Ich bin unendlich dankbar dass ich NICHT zuhause entbunden habe….sondern dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe : Eine natürliche Geburt – mit einem Team toller Ärzte im Hintergrund – die JEDERZEIT , TAG UND NACHT im Einsatz sind um Menschen wie mir und meinem Sohn das Leben zu retten. Jungen Frauen nahe zu legen zuhause zu entbinden finde ich aufgrund meiner Geschichte naiv und unverantwortlich – es mag 1000 Mal gut gehen – aber 1 Mal geht es schief – und das ist schon einmal zu viel!
In diesem Sinne euch allen einen schönen Tag!
Susanne